Belichtungskorrektur im RAW Format

Die Verwendung des RAW-Formates verspricht den Vorteil, dass die Belichtung im Nachhinein noch korrigiert werden kann. Dafür bieten viele RAW-Konverter einen Regler an, mit dem die Belichtung verändert werden kann.

Der Artikel untersucht, wo die Unterschiede zwischen der Belichtungskorrektur an der Kamera und der Belichtungskorrektur per RAW-Konverter liegen.


Der Test

Um einen Vergleich machen zu können, wurden verschiedene Aufnahmen von ein und dem selben Motiv gemacht. Dabei wurde einmal richtig belichtet und dann für die weiteren Aufnahmen die Belichtungskorrektur an der Kamera verstellt. Damit entstehen dann unter- und überbelichtete Aufnahmen.

Im zweiten Schritt wurde versucht, die Belichtungskorrektur, die an der Kamera eingestellt wurde, wieder rückgängig zu machen. Dazu wurde am RAW-Konverter der Belichtungsregler um den gleichen Betrag in die entgegengesetzte Richtung gedreht. Also wenn an der Kamera um +1EV überbelichtet wurde, dann wurde im RAW-Konverter um -1EV unterbelichtet.

Wenn der RAW-Konverter gut arbeitet, dann sollte das Ergebnis dem richtig belichteten Bild entsprechen. Dieses Bild wurde im Test dann auch als Vergleich herangezogen.

Die Ausstattung

Als Kamera kam meine Nikon D90 zum Einsatz. Als RAW-Konverter verwendete ich ViewNX 2.1.2.

Für mich selbst habe ich auch andere RAW-Konverter ausprobiert, wie z.B. eine Testversion von Nama5 und Adobe Camera RAW. Dabei kam ich zu ähnlichen Ergebnissen. Deshalb will ich mich in dem Text auf ViewNX beschränken, weil es für Nikon der Konverter ist, der mit der Kamera ausgeliefert wird und der bezüglich der Farben die (fast) gleichen Ergebnisse liefert, wie das JPG aus der Kamera.

Mir ging es bei dem Test hauptsächlich darum, festzustellen, ob eine Belichtungskorrektur im RAW-Format der Korrektur an der Kamera gleich kommt (oder zumindest näherungsweise gleich kommt).


Die Testbilder

Hier nun die Ergebnisse des Tests. Durch das Bewegen der Maus auf den entsprechenden Text, kann eine der folgenden Variationen für das Bild angezeigt werden:

  • Original – So wurde das Bild mit der Kamera aufgenommen.
  • Korrektur – So sieht das Bild nach der Korrektur mit ViewNX aus.
  • Vergleich – Das korrekt belichtete Bild zum Vergleich. Durch den Wechsel von Korrektur auf Vergleich kann man die Unterschiede erkennen. Im Idealfall sehen beide Bilder gleich aus.
  • Differenz – Eine Differenz von Korrektur und Vergleich. In allen Pixeln, die schwarz sind, stimmen die beiden Bilder überein. Bei hellen Stellen ist weniger Übereinstimmung vorhanden.

Unterbelichtung -1EV – Korrektur +1EV

Original – Korrektur – Vergleich – Differenz

Unterbelichtung -2EV – Korrektur +2EV

Original – Korrektur – Vergleich – Differenz

Überbelichtung +1EV – Korrektur -1EV

Original – Korrektur – Vergleich – Differenz

Überbelichtung +2EV – Korrektur -2EV

Original – Korrektur – Vergleich – Differenz

Ergebnis

Der Test zeigt, dass der Belichtungsregler von ViewNX im allgemeinen hält, was der Name verspricht. Abgesehen von der Korrektur der Überbelichtung um -2EV kommt das korrigierte Bild von ViewNX nahe an das richtig belichtete Original der Kamera heran.

In dem Test haben sich jedoch drei Fehler eingeschlichen. Da sie erklärbar sind, beeinflussen sie das Ergebnis nicht und sie zeigen, dass der Test echt ist

1. Das Stativ ist nicht 100% fest. Das erklärt die stark sichtbaren Konturen in den Differenzbildern. Die Motive sind von Bild zu Bild um einige Pixel verschoben.

2. Die Blätter im Hintergrund haben sich bewegt. Das ist beim Vergleich deutlich erkennbar und erklärt die grünen. Flächen in den Differenzbildern.

3. Vor dem letzten Bild mit +2EV wurde vom Wind die Gießkanne umgeweht und kam danach leider an einer etwas anderen Position zum Stehen.

Ich könnte jetzt den Test wiederholen, das Stativ auf einen festeren Untergrund stellen und einen anderen Hintergrund wählen. Aber ich denke, dass auch so erkennbar ist, dass die Belichtungs-Korrektur von ViewNX – abgesehen von der +2EV Überbelichtung – funktioniert.

Leider wurden keine Aufnahmen von den Zwischenstufen gemacht. Interessant wäre es zu wissen, wie nah man an +2EV herangehen kann, bevor starke Unterschiede zu erkennen sind. Vielleicht werde ich das in einer weiteren Testreihe mal erkunden.


Vergleich zu JPG

Jetzt fragt man sich, ob man mit JPG nicht ähnliche Ergenisse erzielen kann. Theoretisch hat ja RAW den großen Vorteil der höheren Bit-Tiefe. Aber wie sieht es in der Praxis aus?

Leider kenne ich mich zu wenig aus, um zu wissen, wie man die Belichtung mittels eines normalen Bildbearbeitungsprogrammes korrigiert. Mit Helligkeit und Kontrast geht es auf jedenfall nicht. Auch Tonwertkorrektur und Gradationskurven führen nicht zum Ziel.

Das einzige Programm mit Belichtungskorrektur für JPG, dass ich kenne ist der JPG Illuminator. Hier die Ergebnisse. (Die Korrektur von +2EV ist mit JPG Illuminator nicht möglich).

Unterbelichtung -1EV – Korrektur +1EV

Original – Korrektur – Vergleich – Differenz

Unterbelichtung -2EV – Korrektur +2EV

Original – Korrektur – Vergleich – Differenz

Überbelichtung +1EV – Korrektur -1EV

Original – Korrektur – Vergleich – Differenz

Ergebnis

Das Ergebnis zeigt klar den Vorteil von RAW. Die Korrektur von +1EV ist der im RAW Format durchaus ähnlich und verwendbar. Doch bei +2EV und erst recht bei -1EV zeigen sich deutliche Unterschiede. Das liegt nicht am Programm – sondern an der geringeren Bit-Tiefe der JPG Dateien. Was theoretisch schon angenommen wurde, hat sich hier praktisch bestätigt.


Einsatz in der Praxis

Jetzt könnte man auf die Idee kommen, bei wenig Licht ganz einfach durch Herabsetzen der Belichtungskorrektur die Belichtungszeit in den erträglichen Bereich zu bringen. Dadurch ist es möglich aufgrund der Belichtungszeit auch bei wenig Licht verwacklungsfreie Fotos zu produzieren. Man erhält dann zwar ein dunkleres Bild. Aber die Belichtung wird dann später wieder im RAW Konverter ausgeglichen, so dass man ein korrekt belichtetes Foto erhält.

Leider hat die Sache einen Haken: Durch das Korrigieren der Belichtung wird auch das Rauschen verstärkt.

Hier zwei 100% Ausschnitte zum Vergleich. Einmal von dem um +2EV korrigierten Bild (Korrektur) und einmal von dem richtig belichteten Bild aus der Kamera (Vergleich)

Korrektur – Vergleich

Das bedeutet, das man genauso gut eine (oder zwei) höhere ISO-Stufe an der Kamera wählen kann. Dabei spart man sich dann sogar das Nachbessern im RAW Konverter.

Ob das Rauschen bei der Erhöhung der ISO-Stufe oder beim nachträglichen Korrigieren der Belichtung höher ist, ist noch zu untersuchen. Ich habe für mich kleinere Tests gemacht, die mir gezeigt haben, das das Rauschen beim Hochsetzen der ISO-Stufe geringer ist. Möglicherweise hängt das jedoch mit einer Rauschkorrektur der Kamera zusammen, die erst bei höheren ISO-Stufen greift.

Fazit

Auch wenn in RAW fotografiert wird, sollte man sich um eine korrekte Belichtung bemühen. Fehler lassen sich zwar im Nachhinein ausgleichen, aber auf Kosten der Bildqualität (Rauschen). Ob diese Verschlechterung relevant ist, hängt natürlich auch von dem schon vorhandenen Rauschen aufgrund der eingestellten ISO Stufe ab.

Natürlich ist es bei Belichtungsfehlern, die erst später erkannt werden oder bei denen sich die Aufnahme nicht wiederholen lässt, besser etwas Rauschen in Kauf zu nehmen (das möglicherweise nur in der 100% Darstellung sichtbar ist), als ein falsch belichtetes Bild.

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